666 – Die Zahl des Bösen

Johannes hat es in seinen Visionen bereits geahnt, dass es niemand so gut versteht, sich zu tarnen und zu täuschen, als der Antichrist. Denn es ist das Böse höchstselbst, das ihm sufflierend zur Seite steht. Doch selbst Johannes wäre überrascht, wie es der Meister der Dystopie bis heute versteht, die Menschen mit der Zahl des „Tiers“ zu verwirren. Denn auf der Nomenklatur des Schreckens ist nichts so umstritten wie die Zahl, die da lautet: 666.

Wie die Zahl des Antichristen in die Welt kam

Um die Entstehungsgeschichte der „tierischen Zahl“ zu verstehen, muss man sich in die Zeit der Christenverfolgung zurückversetzen. Kaiser Nero, der den Brand Roms mit ziemlicher Sicherheit selbst in Auftrag gegeben hatte, da er die Stadt neu aufbauen und sich selbst einen riesigen Palast, das Goldene Haus (Domus Aurea), schaffen wollte, benötigte einen Sündenbock. Er fand ihn in einer Sekte namens Chrestiani (eigentlich: Christen). Er ließ sie verhaften, foltern, kreuzigen oder in Felle gesteckt, zur Belustigung der Massen, den Tieren zum Fraß vorwerfen. Zu jener Zeit durchlebte Johannes, auf der Insel Patmos in Verbannung lebend, eine Reihe von Visionen. Mit der Niederschrift dieser Visionen wollte er seinen Getreuen ein Mahn- und Trostbuch schreiben. Wie bei Untergrundbewegungen üblich, musste alles im Geheimen und Verschlüsselten geschehen. So „erkannte“ Johannes in der Hure Babylon das dekadente Rom. „Denn der Reichtum und die Pracht der Hure Babylon sind vergänglich“, schrieb er seinen Getreuen, „von einem Tag auf den anderen, ja sogar in einer Stunde.“ Doch um das Böse zu entlarven, sandte er noch eine weitere, weitaus wichtigere Botschaft in die Welt hinaus: „… wer Verstand hat, der berechne die Zahl des Tieres; denn es ist eines Menschen Zahl, und seine Zahl ist sechshundertsechzig und sechs.“

Die Deutung der Zahl 666

Was wollte uns Johannes mit dieser verschlüsselten Botschaft mitteilen? Zunächst musste er nach einer Möglichkeit suchen, die römischen Staatsbeamten zu überlisten. Da die römischen Staatsdiener auf der Ägäisinsel Patmos wohl Griechisch, aber kein Hebräisch verstanden, verfasste er seine Schriften in dieser Sprache. Nun wurden zu jener Zeit Zahlen mit denselben Zeichen wie Buchstaben geschrieben. Es lassen sich die Zahlenwerte der Buchstaben eines Wortes in der Quersumme addieren. So bildet sich aus dem hebräischen „Neron Kesar“ (=Kaiser Nero), die Zahl 666. Einige Gelehrte sind der Ansicht, dass es sich um einen Fehler in den Aufzeichnungen handelt, und die Zahl des Tieres „616“ lauten müsse. Kurioserweise wird auch dann auf „Nero“ hingewiesen, dann allerdings in der lateinischen Schreibweise. Somit wird Johannes mit seinen Visionen und Botschaften zu einem frühen Vertreter der Kryptografie – der Wissenschaft der Verschlüsselung. Doch wenn die Sache wirklich so eindeutig ist, worin besteht dann die Täuschung des „Bösen“?

Die Bedeutung der Zahl 666 in der Gegenwart

Das Damoklesschwert, welches über einem Übersetzer schwebt, trägt eine verhängnisvolle Inschrift. Sie lautet – Interpretation! So kann die Botschaft von Johannes auch lauten: „… wer Verstand hat, der ERKENNE die Zahl des Tieres; denn es ist eines Menschen Zahl, und seine Zahl ist sechshundertsechzig und sechs.“ Dieses eine aber feine Wort lenkt den Fokus nicht auf die ZAHL, sondern auf die Erkenntnis, dass es sich hier um einen MENSCHEN handelt. Die Botschaft des Johannes zielte zu jener Zeit zwar auf Nero, doch der tiefere Sinn besteht in der Mahnung zur Vorsicht, dass der Mensch auch das Böse in sich trägt. Diese schonungslose Entlarvung behagt dem Meister der Täuschung natürlich überhaupt nicht. So lässt er nichts unversucht, von dieser wichtigen Tatsache abzulenken. Das geht so weit, dass wir auf der Tiara des Papstes die Inschrift VICARIVS FILII DEI lesen und durch die chronografische Zählweise die Zahl 666 erkennen sollen. Dabei handelt es sich um einen Rechenfehler, denn nach lateinischen Additions- und Subtraktionsregeln gilt: VIC = 100-(5+1)= 94, IV = 5-1=4, ILII= 52-1=51, D=500, I=1 und das ergibt 650! Solche Beispiele gibt es viele, z. B. mit Hitler. Sie lenken davon ab, dass es nicht um den Zahlenwert, sondern die Symbolkraft geht. So ist jede mühsame Interpretation, die Zahl 666 betreffend, vom Zufall bestimmt, wie auch dieser Text, der 666 Worte umfasst.